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DABRU EMET:
Redet Wahrheit

New York Times, 11.9.2000
National Jewish Scholars Project

DABRU EMET

A Jewish Statement on Christians and Christianity

 

Frankfurter Rundschau, 12.12.2000
National Jewish Scholars Project

DABRU EMET
(Redet Wahrheit)

Eine jüdische Stellungnahme zu Christen und Christentum



In recent years, there has been a dramatic and unprecedented shift in Jewish and Christian relations. Throughout the nearly two millennia of Jewish exile, Christians have tended to characterize Judaism as a failed religion or, at best, a religion that prepared the way for, and is completed in, Christianity. In the decades since the Holocaust, however, Christianity has changed dramatically. An increasing number of official Church bodies, both Roman Catholic and Protestant, have made public statements of their remorse about Christian mistreatment of Jews and Judaism. These statements have declared, furthermore, that Christian teaching and preaching can and must be reformed so that they acknowledge God’s enduring covenant with the Jewish people and celebrate the contribution of Judaism to world civilization and to Christian faith itself.
 

In den vergangenen Jahren hat sich ein dramatischer und beispielloser Wandel in den christlich-jüdischen Beziehungen vollzogen. Während des fast zwei Jahrtausende andauernden jüdischen Exils haben Christen das Judentum zumeist als eine gescheiterte Religion oder bestenfalls als eine Vorläuferreligion charakterisiert, die dem Christentum den Weg bereitete und in ihm zur Erfüllung gekommen sei. In den Jahrzehnten nach dem Holocaust hat sich die Christenheit jedoch dramatisch verändert. Eine wachsende Zahl kirchlicher Gremien, unter ihnen sowohl römisch-katholische als auch protestantische, haben in öffentlichen Stellungnahmen ihre Reue über die christliche Mißhandlung von Juden und Judentum ausgedrückt. Diese Stellungnahmen haben zudem erklärt, daß christliche Lehre und Predigt reformiert werden können und müssen, um den unverändert gültigen Bund Gottes mit dem jüdischen Volk anzuerkennen und den Beitrag des Judentums zur Weltkultur und zum christlichen Glauben selbst zu würdigen.
We believe these changes merit a thoughtful Jewish response. Speaking only for ourselves – an interdenominational group of Jewish scholars – we believe it is time for Jews to learn about the efforts of Christians to honor Judaism. We believe it is time for Jews to reflect on what Judaism may now say about Christianity. As a first step, we offer eight brief statements about how Jews and Christians may relate to one another.   Wir sind davon überzeugt, daß diese Veränderungen eine wohl bedachte jüdische Antwort verdienen. Als eine Gruppe jüdischer Gelehrter unterschiedlicher Strömungen – die nur für sich selbst spricht – ist es unsere Überzeugung, daß es für Juden an der Zeit ist, die christlichen Bemühungen um eine Würdigung des Judentums zur Kenntnis zu nehmen. Wir meinen, es ist für Juden an der Zeit, über das nachzudenken, was das Judentum heute zum Christentum zu sagen hat. Als einen ersten Schritt wollen wir in acht kurzen Punkten erläutern, auf welche Weise Juden und Christen miteinander in Beziehung stehen können.
Jews and Christians worship the same God. Before the rise of Christianity, Jews were the only worshippers of the God of Israel. But Christians also worship the God of Abraham, Isaac, and Jacob; creator of heaven and earth. While Christian worship is not a viable religious choice for Jews, as Jewish theologians we rejoice that, through Christianity, hundreds of millions of people have entered into relationship with the God of Israel.   Juden und Christen beten den gleichen Gott an. Vor dem Aufstieg des Christentums waren es allein die Juden, die den Gott Israels anbeteten. Aber auch Christen beten den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, den Schöpfer von Himmel und Erde an. Wenngleich der christliche Gottesdienst für Juden keine annehmbare religiöse Alternative darstellt, freuen wir uns als jüdische Theologen darüber, daß Abermillionen von Menschen durch das Christentum in eine Beziehung zum Gott Israels getreten sind.
Jews and Christians seek authority from the same book – the Bible (what Jews call "Tanakh" and Christians call the "Old Testament"). Turning to it for religious orientation, spiritual enrichment, and communal education, we each take away similar lessons: God created and sustains the universe; God established a covenant with the people Israel, God’s revealed word guides Israel to a life of righteousness; and God will ultimately redeem Israel and the whole world. Yet, Jews and Christians interpret the Bible differently on many points. Such differences must always be respected.   Juden und Christen stützen sich auf die Autorität ein und desselben Buches – die Bibel (das die Juden „Tenach“ und die Christen das „Alte Testament“ nennen). In ihm suchen wir nach religiöser Orientierung, spiritueller Bereicherung und Gemeinschaftsbildung und ziehen aus ihm ähnliche Lehren: Gott schuf und erhält das Universum; Gott ging mit dem Volk Israel einen Bund ein und es ist Gottes Wort, das Israel zu einem Leben in Gerechtigkeit leitet; schließlich wird Gott Israel und die gesamte Welt erlösen. Gleichwohl interpretieren Juden und Christen die Bibel in vielen Punkten unterschiedlich. Diese Unterschiede müssen immer respektiert werden.
Christians can respect the claim of the Jewish people upon the land of Israel. The most important event for Jews since the Holocaust has been the reestablishment of a Jewish state in the Promised Land. As members of a biblically based religion, Christians appreciate that Israel was promised – and given – to Jews as the physical center of the covenant between them and God. Many Christians support the State of Israel for reasons far more profound than mere politics. As Jews, we applaud this support. We also recognize that Jewish tradition mandates justice for all non-Jews who reside in a Jewish state.   Christen können den Anspruch des jüdischen Volkes auf das Land Israel respektieren. Für Juden stellt die Wiedererrichtung eines jüdischen Staates im gelobten Land das bedeutendste Ereignis seit dem Holocaust dar. Als Angehörige einer biblisch begründeten Religion wissen Christen zu würdigen, daß Israel den Juden als physisches Zentrum des Bundes zwischen ihnen und Gott versprochen – und gegeben wurde. Viele Christen unterstützen den Staat Israel aus weit tiefer liegenden Gründen als nur solchen politischer Natur. Als Juden begrüßen wir diese Unterstützung. Darüber hinaus wissen wir, daß die jüdische Tradition gegenüber allen Nicht-Juden, die in einem jüdischen Staat leben, Gerechtigkeit gebietet.
Jews and Christians accept the moral principles of Torah. Central to the moral principles of Torah is the inalienable sanctity and dignity of every human being. All of us were created in the image of God. This shared moral emphasis can be the basis of an improved relationship between our two communities. It can also be the basis of a powerful witness to all humanity for improving the lives of our fellow human beings and for standing against the immoralities and idolatries that harm and degrade us. Such witness is especially needed after the unprecedented horrors of the past century.   Juden und Christen anerkennen die moralischen Prinzipien der Tora. Im Zentrum der moralischen Prinzipien der Tora steht die unveräußerliche Heiligkeit und Würde eines jeden Menschen. Wir alle wurden nach dem Bilde Gottes geschaffen. Dieser moralische Schwerpunkt, den wir teilen, kann die Grundlage für ein verbessertes Verhältnis zwischen unseren beiden Gemeinschaften sein. Darüber hinaus kann er auch zur Grundlage eines kraftvollen Zeugnisses für die gesamte Menschheit werden, das der Verbesserung des Lebens unserer Mitmenschen dient und sich gegen Unmoral und Götzendienst richtet, die uns verletzen und entwürdigen. Ein solches Zeugnis ist insbesondere nach den beispiellosen Schrecken des vergangenen Jahrhunderts dringend nötig.
Nazism was not a Christian phenomenon. Without the long history of Christian anti-Judaism and Christian violence against Jews, Nazi ideology could not have taken hold nor could it have been carried out. Too many Christians participated in, or were sympathetic to, Nazi atrocities against Jews. Other Christians did not protest sufficiently against these atrocities. But Nazism itself was not an inevitable outcome of Christianity. If the Nazi extermination of the Jews had been fully successful, it would have turned its murderous rage more directly to Christians. We recognize with gratitude those Christians who risked or sacrificed their lives to save Jews during the Nazi regime. With that in mind, we encourage the continuation of recent efforts in Christian theology to repudiate unequivocally contempt of Judaism and the Jewish people. We applaud those Christians who reject this teaching of contempt, and we do not blame them for the sins committed by their ancestors.   Der Nazismus war kein christliches Phänomen. Ohne die lange Geschichte des christlichen Antijudaismus und christlicher Gewalt gegen Juden hätte die nationalsozialistische Ideologie keinen Bestand finden und nicht verwirklicht werden können. Zu viele Christen waren an den Grausamkeiten der Nazis gegen die Juden beteiligt oder billigten sie. Andere Christen wiederum protestierten nicht genügend gegen diese Grausamkeiten. Dennoch war der Nationalsozialismus selbst kein zwangsläufiges Produkt des Christentums. Wäre den Nationalsozialisten die Vernichtung der Juden in vollem Umfang gelungen, hätte sich ihre mörderische Raserei weitaus unmittelbarer gegen die Christen gerichtet. Mit Dankbarkeit gedenken wir jener Christen, die während der nationalsozialistischen Herrschaft ihr Leben riskiert oder geopfert haben, um Juden zu retten. Dessen eingedenk unterstützen wir die Fortsetzung der jüngsten Anstrengungen in der christlichen Theologie, die Verachtung des Judentums und des jüdischen Volkes eindeutig zurückzuweisen. Wir preisen jene Christen, die diese Lehre der Verachtung ablehnen und klagen sie nicht der Sünden an, die ihre Vorfahren begingen.
The humanly irreconcilable difference between Jews and Christians will not be settled until God redeems the entire world as promised in Scripture. Christians know and serve God through Jesus Christ and the Christian tradition. Jews know and serve God through Torah and the Jewish tradition. That difference will not be settled by one community insisting that it has interpreted Scripture more accurately than the other; nor by exercising political power over the other. Jews can respect Christians' faithfulness to their revelation just as we expect Christians to respect our faithfulness to our revelation. Neither Jew nor Christian should be pressed into affirming the teaching of the other community.   Der nach menschlichem Ermessen unüberwindbare Unterschied zwischen Juden und Christen wird nicht eher ausgeräumt werden, bis Gott die gesamte Welt erlösen wird, wie es die Schrift prophezeit. Christen kennen und dienen Gott durch Jesus Christus und die christliche Tradition. Juden kennen und dienen Gott durch die Tora und die jüdische Tradition. Dieser Unterschied wird weder dadurch aufgelöst, daß eine der Gemeinschaften darauf besteht, die Schrift zutreffender auszulegen als die andere, noch dadurch, daß eine Gemeinschaft politische Macht über die andere ausübt. So wie Juden die Treue der Christen gegenüber ihrer Offenbarung anerkennen, so erwarten auch wir von Christen, daß sie unsere Treue unserer Offenbarung gegenüber respektieren. Weder Jude noch Christ sollten dazu genötigt werden, die Lehre der jeweils anderen Gemeinschaft anzunehmen.
A new relationship between Jews and Christians will not weaken Jewish practice. An improved relationship will not accelerate the cultural and religious assimilation that Jews rightly fear. It will not change traditional Jewish forms of worship, nor increase intermarriage between Jews and non-Jews, nor persuade more Jews to convert to Christianity, nor create a false blending of Judaism and Christianity. We respect Christianity as a faith that originated within Judaism and that still has significant contacts with it. We do not see it as an extension of Judaism. Only if we cherish our own traditions can we pursue this relationship with integrity.   Ein neues Verhältnis zwischen Juden und Christen wird die jüdische Praxis nicht schwächen. Ein verbessertes Verhältnis wird die von Juden zu Recht befürchtete kulturelle und religiöse Assimilation nicht beschleunigen. Es wird weder die traditionellen jüdischen Formen der Anbetung verändern, noch wird es die Anzahl interreligiöser Ehen zwischen Juden und Nicht-Juden zunehmen lassen, noch wird es mehr Juden dazu bewegen, zum Christentum überzutreten, und auch nicht zu einer unangebrachten Vermischung von Judentum und Christentum führen. Wir respektieren das Christentum als einen Glauben, der innerhalb des Judentums entstand und nach wie vor wesentliche Kontakte zu ihm hat. Wir betrachten es nicht als eine Erweiterung des Judentums. Nur wenn wir unsere eigenen Traditionen pflegen, können wir in Aufrichtigkeit dieses Verhältnis weiterführen
Jews and Christians must work together for justice and peace. Jews and Christians, each in their own way, recognize the unredeemed state of the world as reflected in the persistence of persecution, poverty, and human degradation and misery. Although justice and peace are finally God's, our joint efforts, together with those of other faith communities, will help bring the kingdom of God for which we hope and long. Separately and together, we must work to bring justice and peace to our world. In this enterprise, we are guided by the vision of the prophets of Israel:   Juden und Christen müssen sich gemeinsam für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen. Juden und Christen erkennen, ein jeder auf seine Weise, die Unerlöstheit der Welt, wie sie sich in andauernder Verfolgung, Armut, menschlicher Entwürdigung und Not manifestiert. Obgleich Gerechtigkeit und Frieden letztlich in Gottes Hand liegen, werden unsere gemeinsamen Anstrengungen zusammen mit denen anderer Glaubensgemeinschaften helfen, das Königreich Gottes, auf das wir hoffen und nach dem wir uns sehnen, herbei zu führen. Getrennt und vereint müssen wir daran arbeiten, unserer Welt Gerechtigkeit und Frieden zu bringen. In dieser Bemühung leitet uns die Vision der Propheten Israels:
It shall come to pass in the end of days that the mountain of the Lord’s house shall be established at the top of the mountains and be exalted above the hills, and the nations shall flow unto it ... and many peoples shall go and say, “Come ye and let us go up to the mountain of the Lord to the house of the God of Jacob and He will teach us of His ways and we will walk in his paths.” (Isaiah 2:2–3)   „In der Folge der Tage wird es geschehen: Da wird der Berg des Hauses des Herrn festgegründet stehen an der Spitze der Berge und erhaben sein über die Hügel. Zu ihm strömen alle Völker. Dorthin pilgern viele Nationen und sprechen: ‚Auf, laßt uns hinaufziehen zum Berg des Herrn, zum Hause des Gottes Jakobs! Er lehre uns seine Wege, und wir wollen auf seinen Pfaden wandeln.‘“ (Jesaja 2,2–3).

Tikva Frymer-Kensky, University of Chicago
David Novak, University of Toronto
Peter Ochs, University of Virginia
Michael Signer, University of Notre Dame
 
Tikva Frymer-Kensky, University of Chicago
David Novak, University of Toronto
Peter Ochs, University of Virginia
Michael Signer, University of Notre Dame

Aus dem Englischen übersetzt von Christoph Münz
siehe auch:
http://www.ikj-berlin.de

FORUM / LESERBRIEFE:
Die Offensive der Missionare

 


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