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Jüdische Auslegungen und Positionen
zu den Jesajazitaten der christlichen Schriften

Michael Hilton

Eine Jungfrau, ein junges Mädchen, der König Hiskia und die Jesaja-Texte

Die Untersuchung dreier Verse aus dem Propheten Jesaja, die Juden und Christen völlig unterschiedlich interpretieren, verdeutlicht diese unterschiedlichen Auslegungsmethoden der Schrift:

Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel [d.h. Gott mit uns] (Jes. 7,14).
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter (Jes. 9,5).
Fürwahr er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen... Er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen (Jes. 53,4f).

Alle drei Texte werden in den Evangelien zitiert. Wenn man Christen heute nach ihrer Bedeutung fragt, halten sie sie, kaum überraschend, für Prophetien des kommenden Christus. Überraschend allerdings ist, dass in einer Gruppe jüdischer Studenten, mit denen ich diese Texte einmal diskutierte, ebenfalls viele dachten, sie bezögen sich auf Jesus. Das heißt, sie sahen diese Texte in einem christlichen Kontext, ohne zu merken, dass sie aus ihrer eigenen hebräischen Bibel stammten. Es ist unwahrscheinlich, dass sie so gedacht hätten, wenn sie in der Lage gewesen wären, sie in Hebräisch zu studieren, aber für viele Englisch sprechende Juden wurden die King James Bibel und andere christliche Interpretationen zu »der Bibel«. Sie leben in einer Gesellschaft, in der die christlichen Interpretationen dieser Texte deutlich besser bekannt sind als die rabbinischen Kommentare.

Es ist lehrreich, sich diese Texte und ihre Bedeutungen genauer anzuschauen. Der Leser wird nicht überrascht sein, dass jüdische und christliche Traditionen diese Texte unterschiedlich interpretierten, denn das vermutet man ohnehin. Doch die verschiedenen Erklärungen werfen zwangsläufig die Frage auf, wie wörtlich ein solcher Bibeltext verstanden werden soll. Welche Vorstellung der hebräischen Prophetie hatten die Rabbinen, welche die Verfasser der Evangelien, als sie diese und andere Zitate aus der Schrift benutzten?

Die hebräischen Propheten übten Kritik an der Situation ihrer jeweiligen Zeit. Auch heute bezeichnen wir jemanden, der die Aufmerksamkeit auf die Wunden und Ungerechtigkeiten der Gesellschaft lenkt, als »prophetische Stimme«. Die biblischen Propheten verkündeten, dass keine Ungerechtigkeit ohne Konsequenzen bleiben werde. Dabei sagten sie auch Dinge vorher, nicht weil sie diese wirklich voraussagen konnten, sondern weil es ihrer Überzeugung entsprach: Gott werde sein Volk die Konsequenzen spüren lassen, wenn es fortfahre, ungerecht zu handeln, auch wenn er diese Reaktion hinauszögert. Der Begriff »Prophet« ist jedoch irreführend. Er kommt von dem griechischen Wort profhths (prophetes), welches bedeutet: »einer, der im voraus spricht«. Demgegenüber ist der hebräische Begriff nawi von der Wurzel nun wet alef, die vermutlich meint »einen Ton von sich geben; rufen«. Der Begriff bezieht sich entweder auf die Rede des Propheten zu seinem Volk oder zu Gott oder auf die ekstatische Musik, die seine Verkündigung begleitete. Er hat nichts mit einer Vorhersage der Zukunft zu tun.

Die prophetischen Schriften wurden allerdings später sowohl von der Synagoge als auch von der Kirche anders benutzt. Will man einen besonderen Aspekt eines Textes oder einer Auseinandersetzung betonen, kann ein Schriftzitat nützlich sein, um das Argument zu stützten oder die Diskussion anzuregen. Wenn die Rabbinen und die Evangelien Zitate verwenden, haben sie oft nicht nur die zitierten Worte im Sinn, sondern den gesamten Zusammenhang. Die Verwendung eines Zitates dient in Reden und Texten oft der Anspielung auf eine bestimmte Geschichte oder Situation. Die Autoren versuchen, ihrer mit der Schrift vertrauten Hörerschaft so einen Hintergrund und einen Zusammenhang ihres Textes zu vermitteln. Sie erlauben sich, zusammenhanglos zu zitieren, weil sie wissen, dass der Hörer oder Leser den Zusammenhang ergänzen wird. Sie fordern uns zum Nachdenken auf, woher das Zitat stammt, in welcher Zeit es entstand und welche Bedeutung es damals hatte.

Eine Jungfrau soll schwanger werden

Text 1

Jesaja 7,14: 
Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel (d.h. Gott mit uns) (Jes. 7,14).

Die Übersetzung »Jungfrau« stammt von dem griechischen parqenoz (partenos). Dieses Wort findet sich in der jüdischen griechischen Übersetzung, der so genannten »Septuaginta« aus dem 3. Jh. v.d.Z. Das hebräische Wort ist alma und bedeutet »junge Frau«. Christliche Interpreten deuteten den Begriff traditionell als »Jungfrau«. Rabbinische Kommentatoren haben wiederholt und nachdrücklich widersprochen. So erklärte Rabbi David Kimchi (Radak): »Alma bedeutet >junge Frau, Weib<, nicht >Jungfrau«<.

An anderen Stellen entschieden sich die Rabbinen jedoch, alma als »Jungfrau« zu verstehen, zum Beispiel in Schir ha-Schirim 1,3: al ken alamot ahewucha »Deshalb lieben dich die Jungfrauen«. Raschi kommentierte diesen Vers: »Alamot (junge Frauen) bedeutet betulot (Jungfrauen).« Warum also galt diese Interpretation nicht auch bei Jesaja? Weil dort eindeutig eine polemische Absicht vorlag. Christliche Ausleger hatten sich die eine Sichtweise zu Eigen gemacht, daher übernahmen Juden die andere. Die jüdischen Verfasser der Septuaginta hatten das hebräische alma mit einem griechischen Wort übersetzt, das »Jungfrau« bedeutet, aber gleichzeitig auch »junge Frau« heißt, wie das hebräische Wort. Es gibt im Griechischen kein exaktes Äquivalent für das hebräische alma, daher wurde dasjenige Wort gewählt, das dem Hebräischen am nächsten kam. Die Septuaginta-Übersetzung ist jedoch ein vorchristlicher Text, aus dem 3.Jh. v.Z..
Seit der Zeit der "Trennung der Wege" konnten die Rabbinen eine solche Übersetzung nicht mehr akzeptieren. Die gesamte Septuaginta wurde nun verworfen, weil sie von der Kirche übernommen worden war.

Obwohl also das Wort alma eindeutig »junge Frau« bedeutet, nicht »Jungfrau«, konnten die Rabbinen es im Midrasch als »Jungfrau« verstehen, wenn sie es wollten. Die Tatsache, dass sie dies nicht bei der Jesajastelle taten, liegt eindeutig daran, dass das Christentum diese Interpretation gewählt hatte. Dieser Fall ist beispielhaft für die bewusst unterschiedliche Auslegung eines Textes durch die rabbinische und die christliche Tradition aufgrund ihrer Feindschaft. Eine andere umstrittene Übersetzung in Jesaja 7,14 betrifft das Wort hara, das einige christliche Übersetzungen, etwa die Einheitsübersetzung [vgl. die englische Kinglames Version], mit »wird empfangen« wiedergeben. Die rabbinischen Kommentatoren wiesen darauf hin, dass das Verb in der Vergangenheitsform steht und daher »hat empfangen« bedeuten muss. Im Zuge des jüdisch-christ lichen Dialogs entstanden [in Großbritannien] genauere Übersetzungen. Die New Revised Standard Version lautet nun: »Siehe, die junge Frau ist schwanger und wird einen Sohn gebären und ihn >Immanuel< nennen.« Eine Fußnote enthält die Information, dass der griechische Text »Jungfrau« laute.

Der Zusammenhang des Jesajaverses ist folgender: König Ahas von Juda wird durch ein Bündnis des Königs Rezin von Aram (in Syrien) und des Königs Pekach aus dem Nordreich Israel bedroht. Der Ewige spricht zu Ahas und fragt ihn, ob er ein Zeichen haben wolle über das, was geschehen wird, doch Ahas lehnt dies ab. Daher meldet der Prophet dem König, der Ewige werde ihm ungefragt ein Zeichen geben: Ein Junge werde geboren werden, und bevor er alt genug sei, um den Unterschied zwischen Gut und Böse zu kennen, würden die beiden Könige und ihre Reiche, die ihn nun bedrohen, angesichts der gewaltigen Macht der Assyrer gering sein (Vers 16).

Doch Christen assoziieren zunächst den Zusammenhang mit dem Text in Matthäus 1,22—23, der die Geburt Jesu beschreibt:

Das ist aber alles geschehen, damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Jesaja 7,14): »Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben«, das heißt übersetzt: »Gott mit uns«.

Matthäus' Verwendung des Zitats ist allerdings subtiler, als es auf Anhieb scheint. Oberflächlich betrachtet stellt Matthäus lediglich fest, dass Jesaja die Geburt Jesu bereits vorhergesagt habe, einschließlich des Wunders der jungfräulichen Empfängnis. Matthäus kannte Jesaja nur in der Septuaginta Fassung mit ihrer Verwendung des Wortes partenos. Doch vermutlich hatte er nicht nur das Wunder von Marias Empfängnis im Sinn, sondern auch den Zusammenhang des Jesajatextes. Ahas sucht Verbündete, die ihn im Kampf gegen seine beiden Feinde unterstützen. Jesaja sagt, er solle dafür nicht nach Assyrien schauen, sondern zu einem Kind, das geboren werde. Es wäre unsinnig, käme das Kind in einer weit entfernten Zukunft zur Welt. Eher liefert der Jesajatext ein Beispiel für einen kindlichen Retter, dessen Geburt ein Zeichen Gottes darstellt. So wie ein kleines Kind wehrlos ist und seinen Eltern vertrauen muss, so darf Ahas sein Vertrauen nicht auf Waffen setzen, sondern auf Gott. Matthäus formuliert eine ähnliche Botschaft für seine eigene Zeit, in der sich die Menschen durch Rom bedroht fühlten: Nicht durch Armeen werdet ihr Rettung finden, sondern durch ein unschuldiges Kind.

Es wird oft darauf hingewiesen, dass die Geschichte der Jungfrauengeburt im Matthäusevangelium seltsamerweise nach einer Genealogie erzählt wird, derzufolge Jesus durch Josef ein direkter Nachfahre König Davids ist. Diese wäre sinnlos, wenn Josef nicht der Vater ist. Matthäus versucht also zwischen einem menschlichen und einem göttlichen Elternteil zu unterscheiden. Das Zitat aus Jesaja hilft ihm, das Neue auszudrücken und die Vorstellung einer Göttlichkeit Jesu zu entwickeln. In den älteren christlichen Schriften von Paulus ist diese Vorstellung noch nicht ausgeformt, doch bei Matthäus werden Jesus Attribute zugeschrieben, die sich in der rabbinischen Tradition mit Gott verbinden. Matthäus sucht deshalb in seiner Geburtsgeschichte ein Bild für die Einheit von Mensch und Gott, die man nun von Jesus annahm und zeigt dadurch, dass der eine Elternteil menschlich, der andere göttlich war. Sogar seine Verwendung des Begriffes »erfüllen« in 1,22 ist subtiler als es auf den ersten Blick scheint; er bedeutet nicht, dass Jesaja nicht vorrangig zu seiner eigenen Generation sprach. In Justins Dialog mit Tryphon, der Auseinandersetzung zwischen einem Juden und einem Christen aus dem 2.Jh., verweist unser Text auf den zukünftigen König Hiskia. Die gebräuchlichste Erklärung des Jesajatextes besagt, dass Alma Jesajas eigene Frau war, die den Rabbanim zufolge zu jener Zeit schwanger war. Der Prophet berichte von dem Baby, das sie erwartete. Die Rabbanim vermieden es gründlich den Text auf ein Ereignis in ferner Zukunft zu beziehen. Das lag teilweise an seinem Kontext, vor allem aber daran, dass der Text so im Matthäusevangelium gedeutet wurde. Die mittelalterlichen rabbinischen Kommentatoren benutzten viele der von den Christen aufgegriffenen Texte absichtlich nicht im Sinne eines Midrasch. Als Reaktion auf die christlichen Interpretationen stellten sie vielmehr den einfachen Wortsinn des Textes heraus, der sich auf die Zeit des Propheten bezog.

Ironischerweise folgt Matthäus' Interpretation des Jesajaverses der Methode, die in der rabbinischen Literatur der folgenden Jahrhunderte am häufigsten angewendet wurde. Die Literatur, die man als Midrasch kennt, greift häufig einen Vers aus seinem Kontext heraus und bezieht ihn auf eine neue Situation. Unter dem Deckmantel einer Verunglimpfüng des Charakters von Esau kritisierten die Rabbinen beispielsweise die römische Regierung oder später die christlichen Herrscher. Und viele prophetische Verse wurden auf Ereignisse in der jeweiligen Zeit des Schreibers bezogen. Diese Technik könnte aus der so genannten pseudepigraphen Literatur des 1. Jahrhunderts stammen. Ihre Verfasser spielten indirekt auf zeitgenössische Ereignisse an, indem sie diese in die Vergangenheit zurückdatierten. Matthäus geht den umgekehrten Weg, indem er Ereignisse aus der Vergangenheit in die Gegenwart überträgt. Die Rabbinen entwickelten diese Technik weiter und folgten damit unbewusst christlichen Vorbildern; die Methode wurde unabhängig voneinander in der christlichen und rabbinischen Literatur entwickelt und später in jüdisch-christlichen Auseinandersetzungen angewendet. Schon im 2. Jahrhundert d.Z. begegnet uns in Justins Dialog mit Tryphon ein Jude und ein Christ, die heftig miteinander über die Bedeutung der Bibel streiten und darüber, auf welche Situationen die Texte bezogen werden müssen.

Ein Sohn ist uns gegeben

Text 2

Jesaja 9,5: Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter (Jes. 9,5).

Dieser Text ist vielen durch Händels Oratorium Der Messias bekannt. Anders als der eben behandelte Jesajatext, der in der Synagoge nicht gelesen wird, ist dieser Text ein Teil der Haftara Jitro, also des Prophetentextes, der auf den Abschnitt des Buches Exodus folgt und die Offenbarung am Sinai und die Gabe der Zehn Gebote beschreibt. Was würden Juden denken, die diesen Text heute in der Synagoge hören? Vielleicht wären einige überrascht, ihn zu hören und würden erstaunt feststellen, dass er aus Jesaja stammt und nicht aus dem Neuen Testament. Vielleicht würden sie dann verwirrt die rabbinischen Kommentare konsultieren, vermutlich einen Chumasch, d.h. eine Bibel mit hebräischem Text, einer Übersetzung in die Landessprache und einer Auswahl verschiedener Kommentare. Über unseren Text würden sie dann herausfinden, dass sich auch dieser Text auf den zukünftigen König Hiskia bezieht. Zur Zeit der Prophetien Jesajas war er ein junger Mann und lebte im Herrschaftsgebiet des Königs Ahas. Ahas regierte Juda von 735—715 v.d.Z. Hiskia war das Kind, das sein Nachfolger werden und den hebräischen Glauben in der Tradition von Davids ewigem Königtum erneuern würde. 

Dieser Text wird in der Geburtsgeschichte des Lukasevangeliums zitiert. Das Markusevangelium, das älteste Evangelium, beginnt mit Jesu Erwachsenenleben. Matthäus ergänzt einiges über seinen Hintergrund und Lukas noch mehr. Zweifellos waren die ersten christlichen Gemeinden begierig auf Geschichten über die Kindheit Jesu. Lukas berichtet viele Einzelheiten. Er will mit seinem Bericht über Jesu Kindheit dessen Persönlichkeit sowie seine Aufgabe und Mission während seines Erwachsenenlebens und später darstellen. Viele andere Versuche solcher Midraschim wurden später von den ersten Christen zurückgewiesen. Die Geschichten, die als Teil der christlichen Bibel akzeptiert wurden, ergehen sich nicht in phantasievollen Höhenflügen, sondern versuchen, den Menschen Jesus mit seiner Mission in der Welt in Beziehung zu setzen und sein Verhältnis zu Vergangenheit und Zukunft zu definieren. Lukas' Kindheitsgeschichten sind ein Prototyp dafür, wie Jesu Kreuzigung und Auferstehung und sein Weiterleben in der Kirche zu verstehen sind.

Im folgenden Midrasch setzten die Rabbinen des Talmud diesen Jesaja Abschnitt ebenfalls mit der Vorstellung des Kommen des Messias in Bezug:

Groß ist die Herrschaft und der Friede ohne Ende, etc. Rabbi Tanchum sagte: Bar Kappara trug hierüber in Sepphoris vor: Weshalb ist das Mem in der Mitte eines Wortes überall offen, dieses aber geschlossen? Der Heilige, gepriesen sei er, wollte Hiskia zum Messias und Sanherib zu Gog und Magog machen, da sprach die Eigenschaft der Gerechtigkeit vor dem Heiligen, gepriesen sei er: Herr der Welt, wenn du David, den König von Israel, der viele Lieder und Lobgesänge vor dir angestimmt hat, nicht zum Messias gemacht hast, wie willst du nun Hiskia, dem du all diese Wundertaten erwiesen hast, ohne dass er vor dir ein Lied angestimmt hätte, zum Messias machen!? Daher blieb es geschlossen.

Die Rabbinen stellen hier ausdrücklich fest, dass es in diesem Text nicht um den Messias gehe. Die Argumentation ist seltsam und gründet sich auf die merkwürdige Schreibweise des Wortes le-marbah im Hebräischen. In der Mitte dieses Wortes wird eine Form des Buchstabens î mem verwendet, die sonst nur am Ende eines Wortes benutzt wird. Diese Form sieht aus wie ein Quadrat: í. Dies zeige, so der Midrasch, dass Gott eine Möglichkeit »ausgeschlossen« habe. Welche Möglichkeit war gemeint? Die Möglichkeit, dass König Hiskia der Messias sei, denn in entscheidenden Aspekten war er König David unterlegen. Dieser Midrasch enthält eine Personifizierung des Midat haDin, d.h. Gottes Eigenschaft der strengen Gerechtigkeit. In vielen solcher Geschichten verhandelt die Eigenschaft der Gerechtigkeit mit der Eigenschaft der Barmherzigkeit über die Rettung oder Verurteilung eines Menschen.

Gog und Magog sind zwei feindliche Heerführer, die in Ezechiel 38 und 39 erwähnt werden. Ezechiel hatte die Vision, eine Horde wilder Krieger aus dem Norden, angeführt von Gog aus dem Land Magog, dringe in Israel ein. Die Rabbinen glaubten, dass die Kriege von »Gog und Magog« der Ankunft des Messias unmittelbar vorausgingen. Sanherib war ein assyrischer König von 704—681 v.d.Z. Sein Versuch, Jerusalem im Jahre 701 v.d.Z. einzunehmen, endete mit einer Niederlage.

Matthäus behauptet, Jesus sei gekommen, um »einen Text zu erfüllen«. Bar Kappara meint nun, dass dieser Text sich keineswegs erfüllt habe. Die Schlussfolgerungen differieren, aber die Auslegungsmethode der rabbinischen und christlichen Schreiber ist auffallend ähnlich. Die Polemik erforderte eine gemeinsame Methode, eine gemeinsame Sprache des Diskurses. Die Rabbinen vermieden Auslegungen, die von den Evangelisten benutzt wurden, wandten aber ähnliche Methoden an, um die Schrift auszulegen.

Fussnoten v. 61 - 88 in der Quelle: Hilton, Michael, Wie es sich christelt, so jüdelt es sich - 2000 Jahre christlicher Einfluss  auf das jüdische Leben

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Die Offensive der Missionare

 


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